Tgamons – Kulturgut im Parc Ela bewahren

Im Gebiet der halbschürigen Mähwiesen (nur alle zwei oder drei Jahre bewirtschaftet) an und oberhalb der Waldgrenze rund um den Piz Toissa stösst man immer wieder auf kleine fensterlose Hütten aus Holz. Die im Rätoromanischen als «Tgamons» bezeichneten Gebäude dienten früher der Lagerung von Bergheu. Heute haben die Tgamons ihre ursprüngliche Funktion als Heulager weitestgehend verloren und stehen meist leer. Es ist uns ein Anliegen, einen Teil davon als Kulturgut und Zeugen der traditionellen Landwirtschaft sowie als historische Landschaftselemente zu erhalten.
Ursprüngliche Nutzung
Alpgebiete sind nicht, wie gängig angenommen, ausschliesslich Weidegebiete. Topografisch geeignete Flächen wurden jedes zweite oder dritte Jahr gemäht und so als magere Heuwiesen genutzt. Dieses Bergheu wurde vor Ort im Freien oder in einfachen, freistehenden Heuhütten zwischengelagert. In den arbeitsarmen Wintermonaten wurde das Heu dann auf Blachen oder Schlitten in die weiter unten gelegenen Stallscheunen zur Ausfütterung gebracht. In Graubünden hatte diese Art der Berglandwirtschaft mit Nutzung von Heuhütten besonders im Prättigau, im äusseren Schanfigg, im Rheinwald und im Surses Tradition. Die Heuhütten lagen locker gestreut oder aufgrund von Naturgefahren oder Terrainverhältnissen in weilerartigen Zusammenkünften.
Typologie
Tgamons sind einfache einräumige Strickbauten, die vorwiegend aus Rundhölzern, im Sockelbereich teilweise aus Kanthölzern, erstellt wurden. Der Strickbau liegt direkt auf dem Boden oder auf wenigen Fundamentsteinen. Im Innern befindet sich ein Bretterboden, der das Heu vor Bodenfeuchtigkeit bewahrt. Im Verhältnis zu den Stallscheunen im Tal weisen die Tgamons somit ein kleines Volumen auf. Im inventarisierten Gebiet um den Piz Toissa sind die Satteldächer der Tgamons ausschliesslich mit Holzbrettern gedeckt.
Inventarisierung 2021
Im Sommer 2021 fand mit finanzieller Unterstützung des Amts für Natur und Umwelt eine Inventarisierung der Tgamons im Gebiet von Stierva und Mon (Gemeinde Albula/Alvra) sowie Salouf (Gemeinde Surses) statt. Im inventarisierten Gebiet wurden 74 Bauten ausserhalb der Höhensiedlungen erfasst. Es handelt sich bei 51 Objekten um Tgamons und bei den restlichen um Alpgebäude und Maiensässe. Fast ein Viertel dieser 51 Tgamons, nämlich zwölf Stück, sind Ruinen- bis auf wenige Balken am Boden ist kaum mehr etwas zu sehen. Vier Heuhütten wurden zu Wohnzwecken umgenutzt. Erhalten sind somit lediglich 35 Tgamons.
- Bei 23 dieser 35 Tgamons ist der Erhaltungszustand sehr gut. Somit besteht bei einem Grossteil der Bauten kein Sanierungsbedarf.
- Zwei Drittel der Tgamons, nämlich 24 Objekte, sind leerstehend. Nur ein Tgamon wird noch im ursprünglichen Sinne als Heulager genutzt, die restlichen dienen als Holz- oder Materiallager.
- Zehn Tgamons haben keinen Wanderweg oder keine Strasse in der Nähe.
- Die meisten Tgamons tragen aufgrund ihrer Lage und Gestalt wesentlich zum Landschaftsbild bei. Sie bilden ein Ensemble mit anderen Bauten, besitzen eine topografisch prägnante Lage und/oder die Nutzung des Umlandes steht noch im Kontext des Gebäudes. Sechs der Tgamons befinden sich ausserdem in einem Landschaftsschutzperimeter (u.a. Moorlandschaft Alp da Stierva).
- Von den 35 Tgamons sind 23 aus denkmalpflegerischer Sicht erhaltenswert. Ihre architekturhistorische Bedeutung begründet sich durch den Anteil an bauzeitlicher Bausubstanz, ihren historisch wertvollen Bauteilen, dem Seltenheitswert sowie dem typologischen und dem baukünstlerischen Wert.
Baulicher Unterhalt ab 2022
Im Oktober 2022 wurde ein erstes Tgamon im Gebiet Munter, Salouf, in Stand gestellt. Die Arbeiten wurden vom Amt für Natur und Umwelt finanziert, vom Verein Parc Ela organisiert und angeleitet sowie vom Eigentümer tatkräftig unterstützt. Die baulichen Massnahmen wurden in Handarbeit und mit Holz aus der Region ausgeführt.
Es ist vorgesehen, bis ins Jahr 2025 zehn Tgamons im Gebiet um den Piz Toissa vor dem Zerfall zu bewahren. Bei der Finanzierung dieses Projekts wird der Verein Parc Ela von der Denkmalpflege Graubünden, dem kantonalen Amt für Natur und Umwelt sowie dem Fonds Landschaft Schweiz unterstützt.

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Graubündner Kantonalbank, 7002 Chur
IBAN: CH11 0077 4110 4370 9530 0 I Konto-Nummer: 70-216-5 I Vermerk: Kulturgut
Verein Parc Ela, Stradung 11 / Im Bahnhof, 7450 Tiefencastel
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Beitrag Eigentümer: innen
Bei diesem Parc Ela-Projekt zum Erhalt von Tgamons um den Piz Toissa sollen die Eigenleistungen der Eigentümer:innen mind. 10% der effektiven Kosten für die Substanzerhaltung des Objektes betragen. Eigenleistungen können anstelle von aktiver Mitarbeit bei den Baumassnahmen auch in Form eines finanziellen Beitrags erfolgen. Ausserdem verpflichten sich Eigentümer:innen mit dem Unterschreiben einer Unterhaltsvereinbarung dazu, das Tgamon für mindestens die nächsten zwanzig Jahre zu unterhalten und nicht einer zweckfremden Nutzung zuzuführen.

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